117
sechsten Schäfer. - 'Sckäfer, wie gefällt dir mein Pelz?' fragte
der Wolf. — 'Dein Pelz?' sagte der Schäfer. 'Laß sehen! Er
ist schön; die Hunde müssen dich nicht oft unter gehabt haben.'
— 'Nun so höre, Schäfer; ich bin alt und werde es so lange
nicht mehr treiben. Füttere mich zu Tode, und ich vermache dir
meinen Pelz.' — 'Ei sieh doch!' sagte der Schäfer. 'Kömmst du
auch hinter die Schliche der alteil Geizbälse? Nein, nein; dein
Pelz würde mir am Ende siebenmal mehr kosten, als er werth
wäre. Ist es dir aber ein Ernst, mir ein Geschenk zu machen, so
gieb mir ihn gleich jetzt.' — Hiermit griff der Schäfer nach der
Keule, und der Wolf floh.
7.
'O die Unbarmherzigen!' schrie der Wolf und gerieth in die
äußerste Wuth. 'So will ich auch als ihr Feind sterben, ehe mich
der Hunger tödtet; denn sie wollen es nicht besser/' — Er lief,
brach in die Wohnungen der Schäfer ein, riß ihre Kinder nieder
und ward nicht ohne große Mühe von den Schäfern erschlagen.
— Da sprach der Weiseste von ihnen: 'Wirthalen doch wohl Un-
recht, daß wir den alten Räuber auf das äußerste brachten und
ihm alle Mittel zur Besserung, so spät und erzwungen sie auch
war, benahmen!'
71.
Neinekens Geschenke.
Aus Goethe's Reineke Fuchs.
Werke. Stuttgart und Tübingen 1840- V, 249. — Neue Schriften. Berlin 1794. Dd. Ii.
(Nach Braun ist der Kater Hinze hingeschickt und vom Fuchs gleichfalls in eine arge
Schlinge gelockt worden; hierauf hat der Dachs Grimbart Neinckcn zwar glücklich hergebracht,
ein Versprechen jedoch von König Emmerich's herrlichem Schatze, der bei dem Busche Hüsterlo
und bei dem Brunnen Krekelborn vergraben sei, rettet den Schalk nochmals vom Galgen und
bringt ihn wieder zu Ehren, so daß, als er nach Rom und übers Meer pilgern zu wollen vorgicbt,
er überaus gnädig entlassen wird. Bei seinem Abschied lassen sich der Hase Lampe und der
Widder Bellyn bcthörcn, ihn nach seiner Burg zu begleiten. Den Widder führt er auf
kräuterreiche Weide; den Hasen nimmt er mit hinein, verzehrt ihn und steckt den Kopf des.
selben in seinen mit einem künstlichen Knoten versehenen Pilgerränzel, den er dem Widder unter
dem Bedeuten, cs seien wichtige Briefe darin, mit nach Hofe giebt. Als der König öffnet,
wird er rasend vor Zorn, läßt den Widder todten und beschließt, den schurkischen Fuchs, über
den mittlerweile zahlreiche neue Klagen ankommen, in Malepartus anzugreifen und zu ver-
nichten. Da eilt der Vetter Grimbart zu ihm und führt ihn zum König, um den alle Edlen
versammelt sind. Hier soll der Schelm nun ohne Gnade sterben; doch als er erfährt, der
Widder sei todt, schiebt er des Hasen Ermordung auf Bellyn und sagt, er habe nicht den
Kopf des Hasen gesandt, sondern die folgenden kostbaren Sachen, die der treulose Widder ve»
muthlich entwendet habe, und wird unter der Bedingung für immer begnadigt, daß er in
einem Zweikampf seine Redlichkeit beweisen wolle, was er auch verspricht und nach seiner
Werse hält.)
O mein König!' sagte darauf der listige Redner,
'Laßt mich, edelster Fürst, vor meinen Freunden erzählen,
Was Euch alles von mir an köstlichen Dingen bestimmt war.
Habt Ihr sie gleich nicht erhalten, so war mein Wille doch löblich.'
'Sage nur an,' versetzte der König, 'und kürze die Worte.'
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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Extrahierte Personennamen: Ernst Neinekens Goethe's_Reineke_Fuchs Hinze Grimbart_Neinckcn Busche_Hüsterlo
Extrahierte Ortsnamen: Stuttgart Berlin Rom Malepartus
148
doch man gelangt leichter zum ziel: während alles, auch Siegfried, sich rüstet, be-
giebt sich der grimme Hagen zu Kriemhilden, Siegfried’s hochherziger gemahlin, um
der sitte gemäsz abschied von ihr zu nehmen, die arglose Königin, zitternd für ihres
gatten leben, bittet den rücksichtslosen Knecht, in dem bevorstehenden kämpfe* doch
auf Siegfried achten zu wollen, ‘zwar ist er unverwundbar; aber als ersieh im blute
des drachen badete, fiel ihm zwischen die schultern ein breites lindenblatt, und auf
dieser stelle ist er verwundbar, kommen nun in dichten fingen die kriegesspeere auf
ihn angeflogen, so könnte doch einer diese stelle treffen; darum decke du ihn dann,
Hagen, schütze ihn.’ der verräther sagt es zu und bittet, um das sicherer erfüllen zu
können, möge die edle Königin auf diese stelle des gewandes ein zeichen nähen; und
die liebende Kriemhilde nähet mit eigner band aus feiner seide ein kleines kreuz
auf das gewand ihres gatten — sie selber nähet sein blutiges todeszeichen. am an-
dern morgen reitet Siegfried mit tausend mannen fröhlich hinweg; Hagen reitet ihm
so nahe, dasz er die Kleidung beschaut, und als er das zeichen der grenzenlosen liebe
erblickt, ist die heerfahrt nicht weiter nöthig: zwei boten werden insgeheim wegge-
schickt, die alsogleich zurückkehren und friedensbotschaft bringen; die gefolgsmann-
sehaft wird statt in den krieg zu einer groszen jagd entboten, und hier wird das bu-
benstück vollbracht. — Bei dem letzten abschied von der treuen gattin berichtet diese
auch von schweren träumen; es sind ähnliche, als ein anderer träum war, der sie
bang erschütterte, als sie in der ehrenvollen hüt und pflege dreier edler Könige kaum
zur jungfrau aufgeblühet war und von Siegfried ebenso wenig wuszte, als dieser von
ihr. dieser erste träum ist in der als motto vorangestellten Strophe enthalten.)
In disen hohen Aren tronmte Kriemhilde,
■wie si ziige einen valken starc, seinen und wilde,
den ir zwdne arn erkrummen ;1) daz si daz muoste sehen,
ir enkunde in dirre werlde leider nimmer geschehen.
Gunther unde Hagene,
lobten mit untriuwen
mit ir scharpfen gêren
pern3) unde wisende;4)
die recken vil halt,2)
ein pirsen in den walt:
si wolden jagen swîn,
wa; mohte küeners gesîn?
Dä mite reit ouch Sivrit in vroelichem site.
herrenliche spise die fuorte man in mite,
reinem kalten brunnen namens im den lip:
da; bet geraten Priinhilt, des künic Guntheres wip.
Do gie der degen küene, da er Kriemhilde vant.
e; was nu üf gesoumet sin edel pirsgewant
und ander der gesellen: si wolden über Rin.
done durfte Kriemhilde leider nimmer gesin.
Die sinen triutinne die kust er an den munt :
‘got la;e mich dich, frouwe, gesehen noch gesunt
und mich diu dinen ougen. mit holden mägen8) din
soltu kurzewilen; ine mac heime niht gesin.’
Do gedahtes an diu mære, sine torst6) ir niht gesagen,
dä von si Hagen ê7) vrâgte : do begunde klagen
diu edele küniginne, da; si ie gewan den lip ;
dö weinte ane mâ;e des küenen Sivrides wip.
Si sprach zuo dem recken : ‘lat iuwer jagen sin.
mir troumte hinte8) leide, wie iueh zwei wildiu swîn
jageten über beide : dä wurden bluomen rôt.
da; ich sô sêre weine, da; tuot mir armen wibe not. 1
1) zerkrallten. 2) kühn. 3) baren. 4) büffel. 5) verwandten. 6) v. turren—
wagen, sich getrauen. 7) früher. 8) diese nacht.
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160
haut eines ochsen, den sie vordem auf dem schiffe gespeist hatten,
wickelte den herzogen darein und nähte sie zusammen; doch hatte
er sein schwert neben ihn mit hinein gesteckt, nicht lange, so
kam der vogel greif geflogen, faszte den ledernen sack in die
klauen und trug ihn durch die lüfte über das weite meer bis in
sein nest. als der vogel dieses bewerkstelligt hatte, sann er auf
einen neuen fang, liesz die haut liegen und flog wieder aus. mitt-
lerweile faszte herzog Heinrich das schwert und zerschnitt die nähte
des sackes; als die jungen greifen den lebendigen menschen er-
blickten, fielen sie gierig und mit geschrei über ihn her. der
theure held wehrte sich tapfer und schlug sie sämmtlich zu tode.
als er sich aus dieser noth befreit sah, schnitt er eine greifenklaue
ab, die er zum andenken mit sich nahm, stieg aus dem neste den
hohen bäum hernieder und befand sich in einem weiten wilden
wald. in diesem walde gieng der herzog eine gute weile fort; da
sah er einen fürchterlichen lindwurm wider einen löwen streiten,
und der löwe schwebte in groszev noth zu unterliegen, weil aber
der löwe insgemein für ein edles und treues thier gehalten wird,
und der wurm für ein böses, giftiges: säumte herzog Heinrich
nicht, sondern sprang dem löwen mit seiner hülfe bei. der lind-
wurm schrie, dasz es durch den wald erscholl, und wehrte sich
lange zeit; endlich gelang es dem beiden, ihn mit seinem guten
schwerte zu todten, hierauf nahte sich der löwe, legte sich zu
des herzogs füszen neben den schild auf den boden und verliesz
ihn nimmermehr von dieser stunde an. denn als der herzog nach
verlauf einiger zeit, während welcher das treue thier ihn mit ge-
fangenem hirsch und wild ernähret hatte, überlegte, wie er aus
dieser einöde und der gesellschaft des löwen wieder unter die
menschen gelangen könnte, baute er sieh eine borde aus zusam-
mengelegtem holz mit reis durchflochten und setzte sie aufs meer.
als nun einmal der löwe in den wald zu jagen gegangen war, be-
stieg Heinrich sein fahrzeug und stiesz vom ufer ab. der löwe
aber, welcher zurück kehrte und seinen herrn nicht mehr fand,
kam zum gestade und erblickte ihn aus weiter ferne; alsobald
sprang er in die wogen und schwamm so lange, bis er auf dem
flosz bei dem herzogen war, zu dessen füszen er sich ruhig nieder-
legte. hierauf fuhren sie eine zeit lang auf den meereswellen,
bald überkam sie hunger und elend, der held betete und wachte,
hatte tag und nacht keine ruh; da erschien ihm der böse teufel
und sprach: ‘herzog, ich bringe dir botschaft; du schwebst hier in
pein und noth auf dem offnen meere, und daheim zu Braunschweig
ist lauter freude und hochzeit; heute an diesem abend hält ein
fürst aus fremden landen hochzeit mit deinem weihe; denn die ge-
setzten sieben jähre seit deiner ausfahrt sind verstrichen.’ traurig
versetzte Heinrich, das möge wahr sein, doch wolle er sich zu gott
lenken, der alles wohl mache, ‘du redest noch viel von gott,’
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
262
136.
Des Chemikers Laboratorium.
Von Liebig.
Chemische Briefe. Heidelberg 1844. S- 85.
Wenn man von den Fortschritten und der Entwickelung der
neuern Chemie reden will, so kann man nicht umhin, den Mitteln
und Werkzeugen, die der Chemiker zu seinen Arbeiten benutzt, eine
Lobrede zu halten. Ohne Glas, ohne Kork, Platin und Kautschuk
wären wir heute vielleicht nur halb so weit. Zu Lavoisier's Zeiten
war es nur wenigen und zwar nur sehr reichen Leuteil, der Kost-
spieligkeit der Apparate wegen, gestattet, chemische Untersuchungen
zu machen.
Die wunderbaren Eigenschaften des Glases kennt jedermanns
durchsichtig, hart, sarblos, unveränderlich durch Säuren und die
meisten Flüssigkeiten, in gewissen Temperaturen geschmeidiger und
biegsamer wie Wachs, nimmt es in der Hand des Chemikers, vor
der Flamme einer Öllampe, die Form und die Gestalt aller zu
seinen Versuchen dienenden Apparate an.
Welche kostbare Eigenschaften vereinigen sich im Kork! Wie
wenig vermögen andere seinen Werth zu schätzen und seine Tu-
genden anzuerkennen! Vergebens würde man sich den Kopfzer-
brechen, um den Kork als ganz gewöhnlichen Verschluß einer Bou-
teille durch etwas anderes zu ersetzen. Man denke sich eine weiche,
höchst elastische Masse, welche die Natur selbst mit einer Substanz
getränkt hat, die zwischen Wachs, Talg und Harz steht (dem
Suberin), wodurch sie die Eigenschaft erhält, völlig undurchdring-
lich für Flüssigkeiten, ja selbst bis zu einem gewissen Grade für
alle Gase zu sein. Wir verbinden durch Kork weite mit engen
Öffnungen, und mittels Kautschuk und Kork construieren wir die
zusammengesetztesten Apparate von Glas, ohne dazu den Metallar-
beiter und Mechanicus, Schrauben und Hähne zu bedürfen. Die
Apparate des Chemikers sind ebenso wohlfeil als rasch und schnell
zu Stande gebracht und erneuert.
Ohne Platin wäre eine Mineralanalyse nicht ausführbar. Das
Mineral muß aufgelöst, es muß aufgeschlossen, d. h. zur Auslösung
vorbereitet werden. Glas und Porzellan, alle Arten von nicht me-
tallischen Schmelztiegeln werden durch die zur Ausschließung dienenden
Mittel zerstört, Tiegel von Silber und Gold würden in hohen
Temperaturen schmelzen; das Platin ist wohlfeiler wie Gold, härter
und dauerhafter wie Silber, in allen Temperaturen unserer Öfen
unschmelzbar, es wird durch Säuren, es wird von kohlensauren
Alkalien nicht angegriffen, es vereinigt in sich die Eigenschaften
des Goldes und des unschmelzbaren Porzellans. Ohne Platin
würde heute vielleicht die Zusammensetzung der meisten Mineralien
noch unbekannt sein. Ohne Kork und Kautschuk würden wir den
Mechanicus bei allen unsern Arbeiten nicht entbehren können.
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154
touia genannt wissen wollte,,. Nach genaueren Untersnchnngen
stellte sich indessen heraus, daß die Welliugtonia nicht als eine
neue Gattung, sondern nur als eine zweite Cypresseuart von Se-
quoia oder Taxodium angesehen werden müsse, und deshalb gab
ihr B. Seen,aun 1855 den Namen ^Sequoia Welliugtonia.'
Der Stamm der Welliugtonia ist sehr gerade und mit einer
Rinde bedeckt, die hoch zimmetbrann und sechzehn bis zweiund-
zwanzig Zoll dick ist. Das frisch abgeschlagene Holz ist weiß, doch
wird es bald röthlich und dadurch, daß mau es länger dem Wind
und Wetter aussetzt, duukel wie Mahagoni. Trotzdem es weich
ist, fault es doch laugsam und ist mit einem rothen, im Wasser
sich auslösenden Farbstoff' erfüllt. Die jungen Zweige sind rund,
etwas herabhängend und ähneln denen der Cypresse oder denen
eines Wacholders. Wie es bei den meisten Zapfenbäumen der
Fall ist, kommen auch bei der Welliugtonia zwei Blattformen vor:
derselbe Zweig erzeugt sowohl dachige als zweizeilige Blätter. Die
Blätter selbst sind abwechselnd, ausdauernd, bei jungen Pstanzen
länglich-pfriemenförmig, auf dem Rücken gekielt, oben eben, aber
mit einer etwas erhöhten Centralrippe versehen; bei älteren Pflanzen
sind sie kleiner, kürzer, mehr zusammengedrängt, eirund-lauzett und
spitz. Sowohl die niännlichen als werblichen Blüten bieten die-
selben Gattungscharaktere als die der gemeinen Cypresse; dasselbe
gilt auch von den Zapfen, doch sind die der Welliugtonia ge-
wöhnlich etwas größer.
Der Mammuthbaum hat eine beschränkte geographische Ver-
breitung. Seine größte Vollkommenheit erreicht er im Mammuth-
haine, der in der Landschaft Calaveras, vier- bis fünftausend Fuß
über dem Meere liegt. Wer den Hain besuchen will, findet Wagen
und Pferde in dem oben erwähnten Gasthause und schlägt eine
Fahrstraße ein, die allmählich aufsteigend durch einen prächtigen
Wald von Tannen, Cedern und Fichten, hier und da mit schönen
Eichen geschmückt, sich windet. Das Thal, in welchem der Hain
liegt, umfaßt etwa huudertundsechzig Acker Land und ist eine ans
grober Kieselerde gebildete Vertiefung. Das Klima ist prächtig,
im Sommer frei von der drückenden Hitze des niedern Landes,
die Pflanzendecke bleibt frisch und grün, das Wasser ist so klar
wie Krystall und fast so kalt wie Eis; die ganze Gegend wimmelt
von Wild, und die Bäche find von herrlichen Forellen bevölkert.
Dinge lassen sich am leichtesten durch Vergleichung mit anderen
beurtheilen, und so hat denn auch ein Naturforscher vermittels
einer Reihe von vergleichenden Zeichnungen die Größe der Welling-
tonia zu veranschaulichen gesucht. Eine dieser Zeichnungen, nach
dem Verhältnisse von 1 zu 20, stellte einen dreihundert Fuß hohen
Mammuthbaum vor, an den eine Leiter von gewöhnlicher Länge
angelehnt war, auf deren Mitte ein Mensch sich befand; durch
Vergleich nahm die Leiter die Größe eines Spazierstöckchens, der
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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98
67.
Herzog von Älba bei einem Frühstück auf dem Schlosse zu
Rudolstadt, im Jahre 1547.
Oon Schiller.
Werke. Stuttgart u. Tübingen 1838. Xi, 202. — 1847- Xi, 196.
Eine deutsche Dame aus einem Hause, das schon ehedem durch
Heldenmuth geglänzt und dem deutschen Reich einen Kaiser gegeben
hat, war e3, die den fürchterlichen Herzog von Alba durch ihr ent-
schlossenes Betragen beinahe zum Zittern gebracht hätte. Als Kaiser
Karl V. im Jahre 1547 nach, der Schlacht bei Mühlberg aus seinem
Zuge nach Franken und Schwaben auch durch Thüringen kam,
wirkte die verwitwete Gräfin Katharina von Schwarzburg, eine
geborene Fürstin von Henneberg, einen Sauve-Garde -Brief bei
ihm aus, daß ihre Unterthanen von der durchziehenden spanischen
Armee nichts zu leiden haben sollten. Dagegen verband sie sich,
Brot, Bier und andere Lebensmittel gegen billige Bezahlung aus
Rudolstadt an die Saalbrücke schaffen zu lassen, um die spanischen
Truppen, die dort übersetzen würden, zu versorgen. Doch gebrauchte
sie dabei die Vorsicht, die Brücke, welche dickt bei der Stadt war,
in der Geschwindigkeit abbrechen und in einer größern Entfernung
über das Wasser schlagen zu lassen, damit die allzu große Nähe der
Stadt ihre raublustigeu Gäste nicht in Versuchung führte. Zu-
gleich wurde den Einwohnern aller Ortschaften, durch welche der
Zug gieng, vergönnt, ihre besten Habseligkeiten auf das Rudol-
städter Schloß zu flüchten.
Mittlerweile näherte sich der spanische General, von Herzog
Heinrich von Braunschweig und dessen Söhnen begleitet, der
Stadt und bat sich durch einen Boten, den er voranschickte, bei
der Gräfin von Schwarzburg auf ein Morgeubrot zu Gaste. Eine
so bescheidene Bitte, au der Spitze eines Kriegsheers gethan, konnte
nicht wohl abgeschlagen werden. Man würde geben, was das
Haus vermöchte, war die Antwortz seine Excellenz möchten kommen
und fürlieb nehmen. Zugleich unterließ man nicht, der Sauve-
Garde noch einmal zu gedenken und dem spanischen General die
gewissenhafte Beobachtung derselben aus Herz zu legen.
Ein freundlicher Empfang und eine gut besetzte Tafel erwarten
den Herzog auf dem Scklosse. Er muß gestehen, daß die thürin-
gischen Damen eine sehr gute Küche führen und auf die Ehre des
Gastrechts halten. Noch bat man sich kaum niedergesetzt, als ein
Eilbote die Gräfin aus dem Saal ruft. Es wird ihr gemeldet,
daß in einigen Dörfern unterwegs die spanischen Soldaten Ge-
walt gebraucht und den Bauern das Vieh weggetrieben hätten.
Katharina war eine Mutter ihres Volks; was dem ärmsten ihrer
Unterthanen widerfuhr, war ihr selbst zugestoßen. Aufs äußerste
über diese Wortbrüchigkeit entrüstet, doch von ihrer Geistesgegenwart
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218
aufsieht, so habt ihr euer glück gemacht.’ ‘wie soll ich das an-
fangen?’ sprach Hans. ‘ihr müsst ein schieifer werden, wie ich;
dazu gehört eigentlich nichts, als ein Wetzstein, das andere findet
sich schon von selbst, da hab’ ich einen, der ist zwar ein wenig
schadhaft, dafür sollt ihr mir aber auch weiter nichts, als eure
gans geben; wollt ihr das?’ ‘wie könnt ihr noch fragen,’ ant-
wortete Hans, ‘ich werde ja zum glücklichsten menschen auf erden;
habe ich geld, so oft ich in die tasche greife, was brauche ich
da zu sorgen?’ reichte ihm die gans hin und nahm den Wetz-
stein in empfang, ‘nun,’ sprach der schieifer und hob einen ge-
wöhnlichen schweren feldstein, der neben ihm lag, auf, ‘da habt
ihr noch einen tüchtigen stein dazu, auf dem sich’s gut schlagen
läszt, und ihr eure alten nägel gerade klopfen könnt, nehmt ihn
hin und hebt ihn ordentlich auf.’
Hans lud den stein auf und gieng mit vergnügtem herzen
weiter; seine äugen leuchteten vor freude. ‘ich musz in einer
glückshaut geboren sein,’ rief er aus, ‘alles, was ich wünsche,
trifft mir ein, wie einem Sonntagskind.’ indessen, weil er seit
tagesanbruch auf den beinen gewesen war, begann er müde zu
werden; auch plagte ihn der hunger, da er allen verrath auf ein-
mal in der freude über die erhaltene kuh aufgezehrt hatte, er
konnte endlich nur mit mühe weiter gehen und musste jeden
augenblick halt machen; dabei drückten ihn die steine ganz er-
bärmlich. da konnte er sich des gedankens nicht erwehren, wie
gut es wäre, wenn er sie gerade jetzt nicht zu tragen brauchte,
wie eine Schnecke kam er zu einem feldbrunnen geschlichen, wollte
da ruhen und sich mit einem frischen trunk laben; damit er aber
die steine im niedersitzen nicht beschädigte, legte er sie bedächtig
neben sich auf den rand des brunnens. darauf setzte er sich
nieder und wollte sich zum trinken bücken; da versah er’s, stiesz
ein klein wenig an, und beide steine plumpten hinab. Hans, als
er sie mit seinen äugen in die tiefe hatte versinken sehen, sprang
vor freuden auf, kniete dann nieder und dankte gott mit thränen
in den äugen, dasz er ihm auch diese gnade erwiesen und ihn
auf eine so gute art und ohne, dasz er sich einen vorwurf zu
machen brauchte, von den schweren steinen befreit hätte, die ihm
allein noch hinderlich gewesen wären, ‘so glücklich wie ich,’ rief
er aus, ‘giebt es keinen menschen unter der sonne.’ mit leichtem
herzen und frei von aller last sprang er nun, bis er daheim bei
seiner mutter war.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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268
nächsten Galgen hängen. Ein solches Bette der Ehre wollte ich
mir denn doch wohl verbitten.' — Nach diesen und ähnlichen Be-
trachtungen entschloß ich mich kurz, nahm die glückliche Gelegenheit
war, als eine Kanonenkugel au8 der Festung einige Schritte weit
vor mir vorüber nach unserem Lager slog, sprang von der meinigen
auf diese hinüber und kam, zwar unverrichteter Sache, jedoch wohl-
behalten bei freu lieben Unsrigen wieder an.
So leicht und ¡fertig ich im Springen war, so war es auch
mein Pferd. Weder Gräben noch Zäune hielten mich jemals ab,
überall den geradesten Weg zu reiten. Einst setzte ich darauf hinter
einem Hasen her, der querfeldein über die Heerstraße lief. Eine
Kutsche mit zwei schönen Damen fuhr diesen Weg gerade zwischen
mir und dem Hasen vorbei. Mein Gaul setzte so schnell und ohne
Anstoß mitten durch die Kutsche hindurch, von der die Fenster auf-
gezogen waren, daß ich kaum Zeit hatte, meinen Hut abzuziehen
und die Damen wegen dieser Freiheit nnterthänigst um Verzeihung
zu bitten. — Ein anderesmal wollte ich über einen Morast setzen,
der mir anfänglich nicht so breit vorkam, als ich ihn fand, da ich
mitten im Sprunge war. Schwebend in der Luft wendete ich
daher wieder um, wo ich hergekommen war, um einen größern
Anlauf zu nehmen. Gleichwohl sprang ich auch zum zweitenmale
noch zu kurz und fiel nicht weit vom andern Ufer bis an den
Hals in den Morast. Hier hätte ich unfehlbar umkommen müffen,
wenn nicht die Stärke meines eigenen Armes mich an meinem
eigenen Haarzopfe, sammt dem Pferde, welches ich fest zwischen
meine Knie schloß, wieder herausgezogen hätte.
> 187.
Der jf it u 1 r.
Bon Lessing.
Schriften, herausg. von Lachmann. Berlin 1838—40. I, 65.
Rennt dem scheuen Glücke nach!
Freunde, rennt euch alt und swach!
Ich nehm' Theil an eurer Müh:
Die Natur gebietet sie.
Ich, damit ich auch was thu,
Seh' euch in dem Lehnstuhl zu.
188.
Selber ist der Mann.
Von Agricola.
750 deutsche Sprichwörter. Hagenau 1537. Nr. 69.
Dies ist ein alt sächsisch Sprichwort: ^Selber ist der Mann.'
Alle Sachen gehen frisch vor sich, wenn einer selbst seine Sache
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TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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